Die Lüderser Serenade mit einem ganz besonderen Charakter
von Horst Voigtmann
Lüdersen. Nein, mit Hartmut Rieck, dem ehemaligen Ortsbürgermeister von Bennigsen ist Wolfgang Rieck weder verwandt noch verschwägert. Wolfgang Rieck lebt im Ostseebad Nienhagen und ist in jungen Jahren zur See gefahren.
Inzwischen hat er sich total umorientiert und ist mit unterschiedlichen Programmen hier und da unterwegs, um Kindern oder Erwachsenen Freude zu schenken und Nachdenklichkeit zu befördern.
So auch bei der Lüderser Serenade am Samstagabend. Ernst Barlach ist mit seinen einfühlsam gestalteten Skulpturen zwar nicht im vollen Umfange zu erspüren, aber Wolfgang Rieck hatte etliche Abbildungen mitgebracht, an denen man den typischen Schnitt an den Holzfiguren Barlachs und sein Verhältnis zu den Menschen erkennen kann.
Es ist keine langweiligen kunsthistorischen Erklärungen, die Rieck über die lebensgroßen Skulpturen vorträgt. Vielmehr versetzt er sich in die von Barlach gestalteten Typen, als wären es lebendige Individuen und erzählt singend von ihnen in mecklenburgischer Mundart auf eine Weise, die ein bisschen an Hannes Wader erinnert. Die begleitet er entweder mit einer der beiden Gitarren, dem Banjo oder leitet sie mit der Flöte oder auch der Mundharmonika ein.
Melodien und Texte hat der Liedermacher Rieck selber erdacht. Gelegentlich kann er das Publikum dazu gewinnen, den Refrain mitsummend zu unterstützen. Den Text auf Platt mitzusingen, sei für die Besucher der Serenade eine glatte Überforderung, räumt er ein.
Dass Barlach ein Mann mit Humor war, wird aus einem Brief deutlich, den er an einen Jugendfreund schrieb: “Es ist grässlich, meine sämtlichen Freunde und Bekannten promovieren… ich bleibe Bildhauer, um ohne Namen, Talent und Aussichten. Beschaffst du mir eine reiche Frau? Ich verkaufe mich auf der Stelle, aber ich bin hohläugig und streitsüchtig, Eigenschaften, ohne jeden Marktwert… dann merken sie, es nimmt kein gutes Ende der stirbt nicht im Bett, der hängt sich noch mal auf.
Verliebt bin ich auch, etwa fünf- bis sechsfach!“ Barlach beschreibt die Damen, in die er behauptet, verliebt zu sein als ein wahres Gruselkabinett.
Bei seinen Figuren aus Holz oder Messing aber ist Barlach feinfühlig und zurückhaltend. Er setzen sich in seinen figurativen Arbeiten mit dem Menschen, seinen Lebensbedingungen und seinen Haltungen zum Leben auseinander.
Neben den Skulpturen ist Barlach auch Autor einiger Dramen für die Bühne und hinterläßt in „Ein selbsterzähltes Leben“ eine Autobiografie.
Das Publikum, das in der Pause auch dazu eingeladen ist von Hartmut Riecks Wein zu kosten, spendet am Ende der Veranstaltung einen kräftigen Applaus für die unterhaltsame und inhaltsreiche Darbietung.
Wolfgang Rieck kann nicht anders: eine Zugabe wird gefordert und auch abgeliefert. Er nimmt dazu ein Element aus dem Schatz skurriler Geschichten des Joachim Ringelnatz, die auch bei Riecks Kinderpro-grammen, natürlich gesungen, einen guten Platz haben:
DIE HOCHSEEKUH
Zwölf Tonnen wiegt die Hochseekuh, sie lebt am Meeresgrunde.
Sie ist so dumm wie ich und du und läuft zehn Knoten in der Stunde.
Sie taucht manchmal aus dem Meer und wedelt mit dem Schweife
und dann bedeckt sich rings umher das Meer mit Schaum von Seife
die Kuh hat einen Sonnenstich und riecht nach Zimt und Nelken.
Und unter Wasser kann sie sich mit ihren Hufen melken.
[Siehe auch NDZ 01.07.2024 Seite 9]