Seit 2009 hat die Stadt Hemmingen in ihrer derzeit gültigen Friedhofssatzung ein Areal des Friedhofs in Hemmingen-Westerfeld als „Grabstätte für das kleine Leben“ ausgewiesen. Allein hier können Erd- und Urnenbestattungen in Gräbern vorgenommen werden, die eine deutlich kleinere Abmessung haben, als die sonst üblichen, größengenormten Reihengräber.
Vorausgegangen war eine Initiative der vier Kirchengemeinden der Kirchenregion Hemmingen. Ihnen war es wichtig, dass jeder Mensch eine würdige letzte Ruhestätte erhält, unabhängig davon, ob er in sehr hohem Alter verstirbt, nur wenige Tage oder Wochen lebt, oder tot zur Welt kommt. Denn das Recht und die Pflicht zur Bestattung gilt nicht für fehlgeborene Kinder, also Kinder die leblos zur Welt kommen und bei ihrer Geburt weniger als 500 g wiegen. Um der Trauer der hinterbliebenen Familien auch dieser Kinder einen Ort zu geben, setzte sich die Kirchenregion bei der Stadt Hemmingen für die Schaffung einer „Grabstätte für das kleine Leben", unabhängig von der Konfession der Betroffenen, ein.
Die Gemeinden der Kirchenregion sammeln bei Regionalgottesdiensten mit der Kollekte für die Gestaltung und Unterhaltung dieses Areals.
Jedes Jahr verlieren ca. 45 000 Frauen in Deutschland ein Kind während der Schwangerschaft.
Anders als noch vor wenigen Jahren wird heute der Tod eines vor, während oder kurze Zeit nach der Geburt verstorbenen Kindes nicht mehr mit Äußerungen wie „Es war ja noch gar kein richtiges Kind“ oder “Ihr seid jung, ihr könnt noch viele Kinder haben” heruntergespielt. Statt dessen hat die Vorstellung Raum gewonnen, dass jedem Leben unabhängig von seiner Dauer eine eigene Bedeutung und Würde zukommt.
Dieser Gedanke liegt auch unserem Bestattungsrecht zugrunde, nach dem alle Menschen ein Anrecht auf eine würdige Bestattung haben, auch diejenigen mit einem sehr “kleinen” Leben. So können während der Schwangerschaft verstorbene Kinder, für die aufgrund ihres geringen Körpergewichts keine Bestattungspflicht besteht, bestattet werden, wenn die Eltern dies wünschen. Auch können Eltern einem tot geborenen Kind einen Namen geben und diesen in die Personenstandsbücher eintragen und auf einen Grabstein schreiben lassen.
Die Situation beim Verlust eines Kindes während einer Schwangerschaft oder in einem sehr frühen Alter unterscheidet sich erheblich von der z.B. beim Tod eines hochbetagten Familienmitglieds. Entsprechend anders sind daher auch die Formen, mit denen Eltern Abschied von ihrem Kind nehmen oder ihrer Trauer Ausdruck verleihen möchten. In verschiedenen Städten sind daher auf Friedhöfen besondere Grabstätten für Kinder mit einem kleinen Leben angelegt worden.
Die emotionale Bindung der Eltern zu ihrem Kind beginnt mit ihrem Wissen um die Schwangerschaft. Ihr Schmerz und ihre Trauer bei dem frühen Verlust ihres Kindes gilt daher nicht irgendeinem Kind, sondern diesem einen, ganz besonderen, und ebenso ihren mit diesem Kind verbundenen Träumen, Vorstellungen und Plänen. So unterschiedlich Menschen sind, so unterschiedlich ist ihre Art zu trauern: Rückzug auf sich selbst, Suche nach Trost bei vertrauten Menschen, Übernahme einer neuen Aufgabe, Kontakt zu Initiativen, die Hilfen für betroffene Eltern anbieten (s. unter Kontakte), Austausch mit Eltern mit den gleichen leidvollen Erfahrungen u.a. Helfen kann auch, einen Ort für die eigene Trauer bzw. die gemeinsame Trauer der Familie zu haben, einen Ort, den man für das Kind gestalten und sich ihm besonders nahe fühlen kann.
Auf Anregung der vier evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden der Stadt Hemmingen hat die Stadtverwaltung Hemmingen auf dem Friedhof in Hemmingen-Westerfeld ein Areal für die Beerdigung von Kindern bereit gestellt, die während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder in frühem Lebensalter verstorben sind.
In der Friedhofssatzung der Stadt (2009) wurde dieser Teil des Friedhofs als „Grabstätten für das kleine Leben“ ausgewiesen. Für die Bestattung von Kindern auf diesem Areal sind Grabstätten mit kleineren Abmessungen (0,45m x 0,90m) vorgesehen als auf den anderen Arealen des Friedhofs Hemmingen-Westerfeld bzw. den anderen Friedhöfen der Stadt Hemmingen. Dementsprechend liegen die Kosten für den Erwerb einer Grabstätte für das kleine Leben deutlich niedriger als für die Grabstätten auf den anderen Friedhofsteilen bzw. Friedhöfen der Stadt (Stand 2015).
Weitere Informationen, z.B. auch zu den Gestaltungsvorschriften für Grabstätten, sind der Friedhofssatzung und der Friedhofsgebührenordnung der Stadt Hemmingen zu entnehmen. Gern beraten auch die für Friedhofsangelegenheiten zuständigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung (siehe Adressen).
Einmal im Jahr findet auf dem Friedhof eine Andacht für Kinder mit einem kleinen Leben und ihre Familien statt.
Adressen:
Initiative Regenbogen
Glücklose Schwangerschaften e.V.
www.initiative-regenbogen.de
Leere Wiege – tröstende Begleitung für Eltern
www.leere-wiege-hannover.de
Stadt Hemmingen
Dienstleistung / Bestattung
Rathausplatz 1
30966 Hemmingen
0511-4103114
Herausgeber dieser Information:
Der Regionalvorstand der Kirchenregion Hemmingen
www.kirchenregion-hemmingen.de
Text: Erika Schuck
Gestaltung: Karl Dieter Schuck
Kirchlicher Ansprechpartner zur Grabstätte :
Ev.-luth. Trinitatis-Kirchengemeinde in Hemmingen
Kirchdamm 4
30966 Hemmingen
0511-425278
kg.trinitatis.hemmingen@evlka.de
Diese Informationen zum Download
Am 15. November 2011 ist auf dem Friedhof zu Hemmingen-Westerfeld die „Grabstätte für das kleine Leben“ ihrer Bestimmung übergeben worden.
Eltern, die ihr Kind durch eine Fehlgeburt verloren oder deren Kind tot zur Welt kam, trauern sehr. Denn sie haben ein Kind verloren, mit dem sie bereits gelebt haben und auf dessen Geburt und Zukunft sie gehofft und sich vorbereitet hatten. Diese Trauer braucht einen Ort, sich mit dem Schmerz auseinander zu setzen. Die Möglichkeit, diese Kinder – so unfertig und klein sie auch waren – würdig zu bestattet, hilft den betroffenen Eltern, mit ihrer schlimmen Erfahrung zurecht zu kommen.
Deshalb haben die vier Ev.-luth. Kirchengemeinden in der Stadt Hemmingen auf dem Friedhof zu Hemmingen-Westerfeld eine „Grabstätte für das kleine Leben“ eingerichtet. Der Gedenkstein auf dieser Grabstätte ist bewusst so ausgeführt, dass er für Familien aus verschiedenen Kulturkreisen und Religionen kein Hindernis darstellt, dort ihr Kind bestatten zu lassen. Nur eine kleine Tafel macht darauf aufmerksam, dass die Kirchengemeinden Hemmingens diese Grabstätte eingerichtet haben.
Bürgermeister Claus Schacht bedankte sich ausdrücklich bei den Kirchengemeinden der Stadt Hemmingen für ihre Initiative, die auch dazu beitragen wird, dass sich junge Familien in Hemmingen zuhause fühlen können.
Frau Dr. Erika Schuck berichtete, dass sie für diese Initiative von älteren Frauen viel positive Resonanz erfahren habe. Offensichtlich wurde der bisherige Umgang mit diesen Kindern von vielen als würdelos empfunden. Und besonders Frauen, die ein Kind verloren hatten, waren mit ihrer Trauer alleingelassen worden.
Darum ist es jetzt um so wichtiger, dass diese Grabstätte bekannt wird. Denn Familien, die ihr Kind so früh verlieren, müssen meist unvorbereitet und in ganz kurzer Zeit entscheiden, wie sie Trauer und Erinnerung gestalten. Ein Faltblatt, das an Ärzte, Kliniken und andere Einrichtungen verteilt werden wird, soll über diese Grabstätte informieren.
2003 brachte Frau Dr. Erika Schuck das seelsorgerliche Anliegen, diesen Eltern einen Ort für ihre Trauer zu geben, in den Kirchenvorstand der St.-Vitus-Kirchengemeinde Wilkenburg-Harkenbleck ein und mit der Planung einer „Grabstätte für das kleine Leben“ wurde begonnen. Die vier Ev.-luth. Kirchengemeinden in der Stadt Hemmingen trieben das Projekt dann gemeinsam voran. Die Stadt Hemmingen änderte 2009 auf Antrag der Kirchengemeinden ihre Friedhofssatzung, um solch eine Grabstätte zulassen zu können und wies einen Bereich des Friedhofes aus, auf dem diese Grabstätte eingerichtet werden könne. Die Kirchengemeinden sagten die besondere Gestaltung dieser Grabstätte und die Pflege des gestalteten Bereiches zu.
In vielen regionalen Gottesdiensten wurde durch Kollekten der Betrag von 3.400,- Euro gesammelt, mit dem ein Gedenkstein und ein Steinbeet gestaltet wurden.
Uwe Büttner
ehmaliger Öffentlichkeitsbeauftragter im Kirchenkreis Laatzen-Springe
Verschiedene Beiträge in der allgemeinen Presse und in kirchlichen Zeitungen belegen, dass sich spätestens seit Ende der 90er Jahre in unserer Gesellschaft die Einstellung zu Kindern, die während der Schwangerschaft oder bei der Geburt versterben, sowie zur Situation ihrer Eltern, verändert hat. Zwar begegnen betroffene Eltern auch noch heute gut gemeinten, aber sie verletzenden Äußerungen wie „Ihr seid ja noch so jung, ihr könnt noch viele Kinder bekommen.“ oder „Es war doch noch gar kein richtiges Kind“. Mehrheitlich aber wird der Verlust, den die Eltern erlitten haben, ihr Schmerz und ihre Trauer verstanden und ernst genommen. Ärzte, Pastoren und Psychologen, aber auch Bestatter und Mitarbeiter von Gemeindeverwaltungen, versuchen die Eltern in dieser Grenzsituation in vielfältiger Weise zu unterstützen. Immer mehr Kommunen haben auf Wunsch vor allem von Elterninitiativen und kirchlicher Kreisen, die Beisetzung von fehlgeborenen Kindern, für die nach dem derzeit geltenden Bestattungsrecht keine Bestattungspflicht besteht, auf ihren Friedhöfen zugelassen und hierfür besonders Gedenkstätten errichtet.
Auch in den evangelischen Kirchengemeinden in Hemmingen empfanden es immer mehr Gemeindeglieder als unvereinbar mit ihrem christlichen Menschenbild, wenn Kindern, die nur wenige Monate leben dürfen, das Recht bestattet zu werden, vorenthalten wird. Auf Bitte der Kirchengemeinden beschloss der Rat der Stadt Hemmingen 2009 auf dem Friedhof in Hemmingen-Westerfeld ein als „Grabstätte für das kleine Leben“ bezeichnetes Areal für die Bestattung von Kindern, die während der Schwangerschaft, bei der Geburt oder in frühem Lebensalter versterben, auszuweisen.
Die evangelischen Kirchengemeinden der Region übernahmen es gemeinsam, diese Grabstätte zu gestalten und zu betreuen. Für diesen Zweck wurden über zwei Jahre in regionalen Gottesdiensten Kollekten gesammelt. Im Mai 2011 konnte am Eingang des betreffenden Friedhofsabschnitts ein Steinbeet angelegt werden, mit einem Findling, dessen Inschrift die Bestimmung des Areals angibt, und einer Tafel, die auf die vier Kirchengemeinden als Initiatoren und Spender der Anlage hinweist.
Die hohe Spendenbereitschaft für dieses Projekt, sowie mehrere sehr bewegende Gespräche haben gezeigt, dass die Einrichtung des Grabfeldes ein Anliegen zahlreicher Menschen der Kirchenregion ist.
Erika Schuck