Christophoruskapelle

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Der kleine Kapellenbau, dessen Anfänge um das Jahr 1000 zu vermuten sind, reichte damals völlig aus, um dem gottesdienstlichen Leben der Gemeinde zu dienen. Man muss dabei daran denken, dass das Dorf Schliekum im 11./12. Jahrhundert, wenn es viele waren, 50 - 100 Einwohner hatte.

Der Name der Kapelle steht in Verbindung zur Legende des starken Offerus. Offerus, der als Fährmann arbeitete, hatte sich dem Teufel verschrieben, dem er dienen wollte. Eines nachts rief ein Kind: "Offerus hol über". Der starke Mann lud sich das Kind auf die Schultern und stieg in den Fluss. Doch das Wasser stieg immer höher und das Kind auf den Schultern wurde immer schwerer.

"Kind, wie bist du so schwer, es ist, als würde ich die ganze Welt tragen", stöhnte der Fährmann. "Nein Offerus, du trägst mehr als die ganze Welt. Du trägst den, der sie erschaffen hat", antwortete das Kind, drückte ihn unter Wasser und sprach: "Ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Nun sollst du Christophorus heißen!"

An der Nordseite der Kapelle befindet sich ein Bild des Christophorus, das aus der Entstehungszeit der Kirche stammen dürfte.

Die Kapelle wurde in drei Bauabschnitten errichtet. Das ist auch heute noch an der Fassade zu sehen, besonders deutlich aber an der unterschiedlichen Form der Fenster.

Es spricht alles dafür, dass der älteste Teil, der Westteil, mit einem Flachdach und einem quadratischen Fenster oberhalb des Christophorusbildes, aus der Zeit um die erste Jahrtausendwende stammt. Der Eingang befand sich südlich. An der Querfuge von West nach Ost lässt sich die Höhe von etwa 3,50 Metern noch ablesen. Die Breite des Gebäudes entsprach der heutigen Emporenbreite. Der Altar befand sich unterhalb des Christophorusbildes.

Im frühen 14.Jahrhundert wurde die Kapelle im zweiten Bauabschnitt nach Osten erweitert und gleichzeitig aufgestockt. Rund einhundert Jahre später erhielt der Sakralbau seinen heutigen Grundriss. Der Altar mit der Mensa (Tisch, Tafel) wurde an der Ostseite aufgestellt. Außerdem erhielt der Chorraum drei Fenster. Die letzte Veränderung erfolgte mit der Verlegung des Eingangs von Süden nach Westen und dem Aufsetzen des Glockenturms im Jahr 1841. Mit dem Aufbau des Turmes wurde auch die alte Glocke umgegossen und 1842 aufgehängt.

Eines der wertvollsten Stücke der Kapelle ist wohl das Altarfenster in gotischer BAuweise. Darin ist deutlich das sogenannte Fischmuster, das in der Kreuzblume endet, zu sehen. Solche Fenster befinden sich sonst nur noch im Ulmer Münster und im Magdeburger Dom.

Als in den Jahren 1953 bis 1955 die Kapelle resturiert wurde, kamen unter vier bis fünf Putzschichten alte Malereien zum Vorschein. So auch das Bild von Barthold Müller. Er war von 1684 bis 1668 Superintendent in Pattensen und von 1686 bis 1696 für die Kirchengemeinde Jeinsen, zu der Schliekum gehört, tätig. Das zweite Bild, das um 1350 entstanden ist, stellt die Vorgänge am Karfreitag nach dem Tode Christi dar und zeigt Maria, wie versunken in ihrem Schmerz, mit dem Gekreuzigten, eine sogenannte Pieta. Diese Darstellung ist in vielen Kirhen zu finden, die wohl bekannteste ist die des Michelangelo von 1500 im Petersdom in Rom.

Eine weitere Kostbarkeit ist die Kanzel. Auch dazu gibt es eine Legende...

Die Kanzel

Könnte die kleine, romantische Christophorus-Kapelle beschreiben, was in den eintausend Jahren ihres Bestehens geschah, dann würden wohl viele Geschichten aufleben. So sind nur einige, wenige bekannt. Stummer Zeuge einer Kriminalgeschichte, der herrschaftliche Willkür zu Grunde liegt, ist die handgeschnitzte Kanzel der Kapelle.

Auf der Krone trägt sie die Inschrift des Stifters Hans Gott und die Jahreszahl der Fertigstellung "A C 1660", also Anno Christi 1660. Hans Gott war Vollmeier in Schliekum. Vollmeier nannte man die größten Bauern im Dorf, die in der dörflichen Hierarchie an oberster Stelle standen. Sie bewirtschafteten  in der Regel die Felder ihres Grundherrn und schuldeten ihm als Gegenleistung Naturalabgaben oder Arbeitsdienste.

So war es auch in Schliekum. Für die Burg Calenberg mussten die Einwohner zur Saat- und Erntezeit Arbeitsdienste leisten. Weil Hans Gott angeblich diese Dienste nicht geleistet und seine Schulden nicht bezahlt hatte, konfiszierte der Calenberger Amtmann aus Jeinsen einen Teil der Felder des Vollmeiers.

Gott behauptete, nichts schuldig geblieben zu sein und klagte deshalb bei den Fürstlichen Räten. Dort bekam er jedoch kein Recht. Im Gegenteil, er wurde sogar des Landes verwiesen. Hans Gott setzte sich über die Ausweisung hinweg und blieb in Schliekum. Eines Tages brannte das Haus des Jeinser Amtmannes nieder, mit dem Gott vor Gericht gestritten hatte. Prompt wurde der Schliekumer verdächtigt, den Brand gelegt zu haben.

Am 6. November 1591 wurde Hans Gott wegen Ungehorsams gegen das landesherrliche Ausweisungsgebot und wegen angeblicher Brandstiftung nach einem Prozess in Wolfenbüttel gehängt. 1660 löste Henning Gott das Vermächtnis seines Großvaters ein, für die Kirche eine Kanzel zu stiften. Nach der letzten großen Renovierung der Kapelle wurde anlässlich der Neueinweihung am 2. Oktober 1955 das Schauspiel "Die Kanzel" aufgeführt, das die Geschehnisse um Hans Gott zum Inhalt hat.

FF